Reviews in German from Donaueschinger Musiktage with SPUNK and Phantom Orchard


photos: Hans Kumpf

Improvisation zu Recht keine Männerdomäne mehr

Südkurier, Donaueschingen 17.10.2011

“(…)Einer Nachfolge-Generation gehört das norwegische Quartett Spunk an. Die vier Frauen haben nicht mehr erbittert um ihre Rollen kämpfen müssen – und doch arbeiten sie nicht weniger hart an sich und ihrer Musik. Kristin Andersen (Trompete, Blockflöte), Lene Grenager (Cello), Maja Ratkje (Stimme, Elektronik) und Hild Sofie Tafjord (Horn, Elektronik) sprechen nichts ab, bevor sie auf die Bühne gehen. Ihre abstrakten, hochkomplexen Soundlandschaften entstehen völlig frei aus dem Moment. Alles ist erlaubt – zarte Melodien ebenso wie herbes Elektro-Geschredder. Das alles fügt sich intuitiv so perfekt ineinander, dass es mitunter wie komponiert klingt. (…)”

Sebastian Pantel

Lustvolles, Verqueres

Badische Zeitung:

DONAUESCHINGEN II: Jazz.

“(…)Dem lustvollen Musizieren setzte Spunk Abstrakteres entgegen. Das norwegische Quartett bezieht in seine freien Improvisationen weitreichende Einflüsse aus Jazz, Rock und Country sowie aus zeitgenössischer Musik ein. Das stringente Ausloten instrumentaler Möglichkeiten und elektronisch verfremdeter Klänge droht oft zu verschwommener Geräuschkulisse zu mutieren. Erst in der Fusion zum Orchand Phantom Orchestra nimmt das Ganze Gestalt an. Die aus dem Duo von Zeena Parkins und Ikue Mori mit Spunk gebildete Band steht und fällt mit den verstrickten und verqueren Kombinationen von Moris Computer, der stets eine eigene Klangsprache spricht, und Parkins’ Elektro-Harfe, die Klangflächen verstreut. Die fixierten Stücke lassen Platz für Improvisation. Jede der Musikerinnen ist sich ihres Parts bewusst, nutzt ihn weidlich aus. Maya Ratkje und Hild Sofie Tafjord, die das Horn bläst, lassen ihre schrillen Stimmen dröhnen, was die Trompeterin Kristin Andersen mit wilden Staccati auffächert. Mit flexiblem Bogen gibt sich Cellistin Lene Grenager. Was alle sechs Musikerinnen verbindet, ist der unbedingte Wille zu Grenzüberschreitungen. Ob Elemente aus Rock, Punk oder Noise, ob Grooves aus Jazz, klassischen Songstrukturen oder abstrakte Elemente aus der Neuen Musik: Das “Phantom Orchard Orchestra” verknüpft diese scheinbar widersprüchlichen Stilistiken organisch miteinander.”

Reiner Kobe

Donaueschinger Musiktage 2011 mit einer „SWR2-NOWJazz Session“

JazzPages:

(…)Dann die bei Reinhard Kager eben unvermeidliche Elektronik und Apple-Notebooks auf der Bühne. Im jungen norwegischen Quartett „SPUNK“ bediente die aparte Sopranistin Maja Solveig Kjelstrup Ratkje ein Steve-Jobs-Geschöpf. Doch die Steckdosen-Sounds dominierten bei diesen Damen nicht. Kristin Andersen trompetete ihre „dirty notes“ minimalistisch sowie staccatohaft wie der Afroamerikaner Bill Dixon und blies außerdem eine zarte Blockflöte, Cellistin Lene Grenager erinnerte mit ihrem geräuschhaften Saiten-Schaben und –Reiben an den großen Interpreten Siegfried Palm. Hild Sofie Tafjord schließlich trickste virtuos, delikat und klappengeräuschhaft mit dem Waldhorn. Freilich: Viel mehr Neue Musik als Jazz-Traditionelles.

Weniger freie Improvisation als festgelegte „Songs“ beim dem amerikanisch-japanischen Duo „Phantom Orchard“. Zeena Parkins ließ auf Harfen und Celesta eine liebliche Tschaikowsky-Idylle aufleben und imitierte zudem die japanische Wölbbrett-Zither Koto, während Ikue Mori, die zuvor 2002 in Donaueschingen mitgewirkt hatte, stoisch aus ihrem Apple digital hohes Gezirpe und breites Gewummere herausholte. Eine bislang ungehörte Originalität kann man diesen zwei Frauen wahrlich nicht absprechen.

Schlussendlich formierte sich das Duo mit den Norwegerinnen zu einem internationalen Sextett. Für 40 Minuten geplanter Spielzeit hatte man sich exakt 37 Märchen als Impulsgeber für die „strukturierte Improvisation“ vorgenommen. Dies garantierte für Abwechslung – vom fast nervigen Hochgetöns und puren Luftgebläse bis zu romantischen Niedlichkeiten. Genregrenzen existieren nicht, schon gar nicht in Donaueschingen bei den Musiktagen. (…)”

Hans Kumpf
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